Häufige gemachte Fehler (HGF) ;-)

Jeder Übersetzer läuft Gefahr, sich zu sehr von seinen Ausgangstexten beeinflussen zu lassen –  und natürlich auch, generell Fehler zu machen. Je mehr Erfahrung und Zeit man hat, umso geringer ist dieses Risiko, dennoch aber existiert es, und deshalb beauftragen gute Übersetzungsagenturen gerne einen zweiten Übersetzer, der die Übersetzung mit dem Original vergleicht, mögliche Fehler behebt und den Zieltext letztendlich bereit für die Veröffentlichung macht. Man nennt das 4-Augen-Prinzip. Wenn Agenturen die DIN EN 15038:2006 erfüllen wollen, ist das Korrekturlesen sogar zwingend erforderlich.

Deswegen nehme ich ab und  zu auch Aufträge zum Korrekturlesen an. In letzter Zeit (Datum heute 07.06.2023) häufen sich jedoch derartige Aufträge, und ich werde das Gefühl nicht los, dass die Agenturen kostengünstige, unerfahrene oder einfach schlechte Übersetzer einsetzen und sich dann auf einen guten Übersetzer berufen, der diese miesen Texte dann rettet.

Hier eine Liste der Fehler, die mir immer wieder auffallen. Da ich es satt habe, immer wieder dieselben Fehler zu korrigieren, hoffe ich natürlich, dass dem einen oder anderen Übersetzer beim Lesen meines Textes die Schuppen von den Augen fallen und er oder sie diese(n) Fehler nicht mehr macht.

Ich werde hier nicht auf normale Probleme wie Grammatik, Rechtschreibung oder Terminologie eingehen. Auch wenn derartige Fehler natürlich ebenfalls von erfahrenen Übersetzern gemacht werden, sollte man nicht darüber diskutieren müssen. Es geht mir hier um Fehler, die (meines Erachtens) gemacht werden, weil die Übersetzer zu sehr am ausgangssprachlichen Text kleben und/oder Wissenslücken haben. Meine unvollständige Liste bezieht sich darüber hinaus auf Übersetzungen aus dem Englischen, Niederländischen und Französischen.

  1. Übernahme der (stilistischen) Fehler (oder auch Eigenheiten) der Ausgangssprache: Insbesondere bei Auflistungen fällt mir dieses Problem auf. Autoren sind nachlässig, wenn es darum geht, Listen einheitlich zu gestalten, und so sehe ich in jeder Sprache häufig Listen, deren Gliederungspunkte willkürlich groß oder klein beginnen, mit oder ohne Satzzeichen enden und darüber hinaus auch noch uneinheitliche Elemente enthalten, wie z. B. eine Mischung aus Substantiven und Verben.
    Ich verstehe es als meine Aufgabe als Übersetzer, einen möglichst perfekten Text zu verfassen, und dazu gehört für mich auch die Korrektur von ausgangssprachlichen Fehlern.
  2. Viele Übersetzer wissen nicht, dass im Deutschen zwischen Zahl und Einheit ein (geschütztes) Leerzeichen zu stehen hat. So heißt es „50 % und „3 kg“ und nicht „50% und „3kg.
    In diesem Zusammenhang fällt mir auch auf, dass die Dezimaltrennzeichen aus der Ausgangssprache übernommen werden. Es ist schlicht und einfach falsch, „wir machen einen Umsatz von €50,000 zu schreiben. Es sind „€ 50.000“!
  3. Das Englische verwendet in Passivsätzen gerne das kleine Wörtchen „you. Immer wieder sehe ich, dass das mit „du“ übersetzt wird, was aber meistens falsch ist. Es muss „man“ heißen: „Man hat meistens Durst, wenn man viel geschwitzt hat“ und nicht „Du hast meistens Durst, wenn du viel geschwitzt hast.
  4. Und noch eine englische Eigenheit, die nicht wörtlich so ins Deutsche übernommen werden kann: Im Englischen wird gerne „they verwendet, wenn das Geschlecht nicht klar ist. „The agency pays fast. They are wonderful!“
  5. Sehr lustig ist es, wenn Einheiten umgerechnet werden und der deutsche Satz dann lautet: „Der Stab ist ca. 457,2 cm lang. Das sind ca. 5 Yard. Wie wäre es mit Auf- bzw. Abrunden?
  6. Falsche Freunde: Viele ausgangssprachliche Worte sehen aus wie deutsche Worte, und deshalb werden sie ohne weiter darüber nachzudenken auch so übernommen. Nur leider heißt „eventually“ nicht „eventuell“, sondern „nach und nach„, und auch „Respect kann nicht immer mit „Respekt“ übersetzt werden. „Chance ist im Englischen neutral („50 percent chance of rain) und darf deshalb nicht unüberlegt mit „Chance“ übersetzt werden, sondern eher im Sinne von „Möglichkeit“.
  7. Es werden keine deutschen Anführungszeichen („“) verwendet, als Gedankenstrich („–“) kommt häufig der Bindestrich („-“) zum Einsatz. Das liegt natürlich zum ganz großen Teil an den verwendeten Texteditoren, bei denen es umständlich oder gar unmöglich ist, diese Zeichen zu verwenden. Trotzdem ist darauf zu achten!
  8. Fortsetzung folgt! Mir ist übrigens bewusst, dass dieser Text (wahrscheinlich) noch Tippfehler enthält, und ich habe beim Korrekturlesen Fehler im Hinblick auf die Silbentrennung gesehen. Das werde ich nach und nach korrigieren, wenn ich kapiert habe, wie ich so etwas in diesem System hier einstellen kann.

 

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